Experimentelle und simulative Untersuchung von Musikinstrumenten

Mit modernen simulationsgestützten Methoden des Ingenieurwesens tragen wir zum besseren Verständnis von Musikinstrumenten bei und helfen Instrumentenbauern den Klang ihrer Instrumente zu optimieren.

Finite Elemente Modell der Gitarre
Virtueller Prototyp einer Gitarre zur Verwendung in einer Finite Elemente Software.

Beschreibung

Musik und musikalische Instrumente faszinieren Menschen seit jeher. Um manche Instrumente wie die Geigen von Stradivari oder die Gitarren von Torres entstanden regelrechte Mythen. Für viele Musiker ist der Klang dieser Instrumente bis heute unerreicht. Dieser Mythos hält sich hartnäckig, obwohl inzwischen in mehreren Studien nachgewiesen wurde, dass Geigenbauer heutzutage in der Lage sind vergleichbar gute Instrumente zu bauen. Nichtsdestotrotz sind Musiker in der Lage, sehr kleine Unterschiede zwischen Instrumenten auszumachen und so unterscheiden sich selbst scheinbar gleiche Instrumente hörbar im Klang. Bei sorgfältig hergestellten baugleichen Instrumenten lassen sich diese Unterschiede auf die Variabilität der Materialparameter der verwendeten Hölzer zurückführen.

Ergebnis eines CT-Scans für die Gitarrendecke
Gitarrendecke mit Beleistung aus einem CT-Scan.

Am Institut für Technische und Numerische Mechanik werden Verfahren entwickelt,  mit denen die Materialparameter einzelner Bauteile und ganzer Gitarren identifiziert werden können. Dabei kommen Methoden der experimentellen Modalanalyse zum Einsatz, mit denen die Eigenmoden, Eigenfrequenzen und modalen Dämpfungen von Komponenten und kompletten Instrumenten identifiziert werden können. Die Messungen erfolgen nahezu vollständig berührungslos über Laser-Doppler Vibrometrie. Diese modalen Parameter werden dann verwendet, um über Model-Updating Verfahren die Materialparameter eines detaillierten Finite-Elemente Modells zu identifizieren. Wenn das Modell detailliert genug ist, können so Rückschlüsse auf die tatsächlichen Dichte- und Steifigkeitsparameter der im Instrument verwendeten Hölzer gezogen werden.

Detaillierte Computermodelle von Gitarren sind physikalisch anspruchsvoll. Neben der aufwändigen Geometrie muss auch eine orthotrope, also richtungsabhängige, Materialmodellierung und die Modellierung der Fluid-Struktur-Interaktion zwischen dem Gitarrenkorpus und der eingeschlossenen Luft vorgenommen werden. Zur Identifikation der Materialparameter kommen außerdem am Institut entwickelte Methoden der parametrischen Modellordnungsreduktion und Methoden der Unsicherheitsquantifikation zum Einsatz. Die am Institut entwickelten Modelle können anschließend als virtuelle Prototypen eingesetzt werden und Instrumentenbauern aufzuzeigen, wie sie ihre Instrumente gezielt beeinflussen und verbessern können. Dies ist gerade unter dem Gesichtspunkt förderlich, dass zwei geometrisch gleiche Instrumente sehr unterschiedlich klingen können.

  • Brauchler, A.; Gonzalez, S.; Vierneisel, M.; Ziegler, P.; Antonacci, F.; Sarti, A.; Eberhard, P.: Model-Predicted Geometry Variations to Compensate Material Variability in the Design of Classical Guitars.
    Preprint Research Square, DOI: 10.21203/rs.3.rs-2014605/v1
     
  • Brauchler, A; Hose, D.; Ziegler, P.; Hanss, M.; Eberhard, P.: Distinguishing Geometrically Identical Instruments: Possibilistic Identification of Material Parameters in a Parametrically Model Order Reduced Finite Element Model of a Classical Guitar. Journal of Sound and Vibration, 2022.
    [ DOI: 10.1016/j.jsv.2022.117071 ]

  • Brauchler, A; Ziegler, P.; Eberhard, P.: An Entirely Reverse-Engineered Finite Element Model of a Classical Guitar in Comparison with Experimental Data. The Journal of the Acoustical Society of America, Bd. 149, Nr. 6, S. 4450-4462, 2021.
    [ DOI: 10.1121/10.0005310 ]

  • Brauchler, A; Ziegler, P.; Eberhard, P.: Examination of Polarization Coupling in a Plucked Musical Instrument String via Experiments and Simulations. Acta Acustica, Bd. 4, Nr. 3, Artikel Nr. 9 (12 Seiten), 2020.
    [ DOI: 10.1051/aacus/2020008 ]

Dieses Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell unterstützt (Projekt Nr. 455440338). Wir bedanken uns für diese Unterstützung.

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© Alexander Brauchler, Pascal Ziegler, Peter Eberhard; ITM, Universität Stuttgart

Visualisierung einer Gitarrenmode, die in einer Finite Elemente Software berechnet wurde.

Video-Transkription

Kontakt

Dieses Bild zeigt Pascal Ziegler

Pascal Ziegler

Dr.-Ing., Akademischer Oberrat
Dieses Bild zeigt Peter Eberhard

Peter Eberhard

Prof. Dr.-Ing. Prof. E.h.
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